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Clubmeister oder doch nicht?


Die letzten Runden wären absolut Spitze, sein Selbstvertrauen stiege ins Unermessliche, es könnte eigentlich nichts schiefgehen und der Eintritt in den Golfer Olymp stünde kurz bevor. Otto war sich sicher, dass er als Senior den jungen Schnöseln zeigen würde, wo Bartli den Most holt.


Es lief zu Beginn eigentlich alles bestens, wenn da nicht bzw. hätte der nicht und wäre es doch und so weiter und so weiter. Hätte, hätte, Fahrradkette.




So stand er jetzt da. Nach 36 Loch intensiven Leidens und permanenten Enttäuschungen. Die Blicke der Kontrahenten, die vielen Nullen und die verpassten Chancen nagten an seinem Selbstbewusstsein. Da half nicht mal das Mitleid der Ladys und Seniorenkollegen. Es war einfach niederschmetternd. Das Material versagte, die Greens unruhig und so gemein wie die Flaggen gesteckt waren.





Er übergab das Dokument der Schande im Sekretariat schnell ab, verließ den Raum und stieg völlig desillusioniert die Treppe zum Clubhaus hoch. Ein alkoholisches Trösterli würde ihn wieder auf die Beine bringen, das Verständnis der Barkeeperin Hedwig hälfe, sie kennt die Senioren am besten. Ihr Mitgefühl würde ihn die Schmach vergessen lassen.






Otto spülte seinen Frust mit einem Whisky, einem nach dem anderen die Kehle runter. Er brannte so herrlich in der Kehle, die Welt wurde wieder etwas rosiger, der Kopf leichter. Hedwig versuchte ihr Bestes, Otto von der unmäßigen Trinkerei abzuhalten. Indes, es war längst zu spät. In seiner Vorstellung war Otto längst unterwegs in die Halle des Golf Olymps, dem Walhalla der Golffighter, da wo den Siegern gehuldigt wird





Durch den Schalmeienklang, dem rhythmischen typischen Pingen der Driver am Abschlag hörte er leise und dann stärker anschwellend die Ovationen, die Stimmen, die nach ihm riefen, Otto, Otto, Otto. Jetzt hatte er die Gewissheit, er hatte den Aufstieg zu den Golfgöttern des Clubs geschafft. Das jahrelange Training und die hohen Investitionen in Schlägermaterial und Bälle zahlte sich aus.





So nahm Otto denn die Parade und die Huldigungen früherer Meister entgegen. Er marschierte aufrecht, mit stolzem Haupt und dem magischen Schläger zur großen Halle, da wo die Sieger von den weiblichen Caddies verwöhnt würden. Ein Moslem wird von 40 Jungfrauen erwartet, die Wikinger von den Walküren, ein Golfer von Heroen des Golfsports. Ein befriedigendes Gefühl, wissend, dass die Golfwelt ihn jetzt beachtet und er in den Annalen eingehen würde und sein Name auf der Ehrentafel verankert wird.



Ganz im Stile der alten Römer und Griechen ließ er es sich wohlergehen. Unter den aufmerksamen Augen des Gottes Titelistos regenerierten seinen Körper rasch danke den süßen Weintrauben. Er hätte zu Hause viel zu erzählen, vom Sieg dank des überirdischen letzten Putts, der bevorstehenden Krönung zum Meister und wie er vom höchsten Golfer empfangen wurde. Sein Bethli zu Hause würde vor Stolz beinah platzen.




Der große Moment kam, aber anders als Otto erwartete. Da stand er da, quasi fast wie mit abgesägten Hosen und hörte der donnernden Stimme des höchsten Golfers zu.

"Otto, so geht das nicht, Demut muss der Golfer beim Spiel zeigen, Bescheidenheit ist Größe, Konzentration zu jeder Zeit. Du musst niemandem beweisen, wer Du bist. Einfach spielen und genießen." Der oberste Golfer ließ ihn mit diesen Worten stehen. Otto verspürte eine Schwere in seinen Gliedern und auch der Kopf brummte gewaltig.



Als Otto endlich die Augen aufschlug, nahm er durch den Nebel das wohlmeinende Gesicht der Serviertochter wahr. Hedwig war längst gegangen, die ältere Gertrud kühlte ihm den Brummschädel. Unter der Türe stand sein Bethli, von Gertrud telefonisch alarmiert, ihren Gemahl abzuholen. Er würde wohl noch einige Stunden Schlaf benötigen, um wieder unter die Lebendigen zu kommen.






Der Traum lebt weiter. Auch im nächsten Jahr könnte er sich um Meisterwürden im Club oder bei den Senioren bewerben. Nach der Begegnung mit seinem "Obersten Golfer" war ihm klar:

Demut besteht nicht darin, sich geringer zu als die anderen fühlen, sondern sich von der Anmaßung der eigenen Wichtigkeit/Überheblichkeit zu befreien.






Zum Schluss gratuliere ich dem Meister 2024 und allen, die es nicht zum Titel schafften.

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